Reformationstag

+31.10.2020+ Sola fide, sola scriptura, sola gratia, solus Christus

Was ist dir in deinem Glauben wichtig? Eine gute Frage, oder? Haben Sie schon eine Antwort?  Martin Luther hat sich direkt vier Dinge herausgesucht, die ihm wichtig sind. Eigentlich muss man sagen: mehr als wichtig. Sie sind für ihn Alleinstellungsmerkmale des Glaubens.

SOLA SCRIPTURA – ALLEIN DIE SCHRIFT

SOLA FIDE – ALLEIN DER GLAUBE

SOLA GRATIA – ALLEIN DIE GNADE

SOLUS CHRISTUS – ALLEIN CHRISTUS

 

Allein die Schrift

Bibeln gibt es nun in unendlich vielen Varianten: Verschiedene Aufmachungen, unterschiedlichste Sprachen und unterschiedliche Übersetzungen. Es ist schon faszinierend, was in den vergangenen 500 Jahren entstanden ist.

Aber die Vielzahl der Bibeln sagt ja nichts darüber aus, wie der Umgang mit der Bibel ist. Wir nennen uns „evangelisch“, aber meistens kennen wir das Evangelium nicht. Welche Bedeutung hat das Wortes Gottes in unserem Alltag? Orientiere ich mich an der Heiligen Schrift? Man entdeckt bei Bibelauslegungen von Kirchenleuten, dass es eine Bandbreite von „buchstabengetreu“ bis „so kann man das heute nicht mehr sehen“ gibt. In unserer Kirche ist es gesetzt, dass jede Auslegung sich bis heute an der Schrift selbst messen können muss. Die Schrift wird durch die Schrift ausgelegt.

Durch Internet und Medien werden wir heute natürlich viel eher mit den unterschiedlichen Auslegungen konfrontiert. Manchmal ist es schon sehr befremdlich, wenn die Worte einiger Verkündiger mehr gelten als die Worte der Bibel. Wenn Luther heute leben würde, was würde er uns wohl als Rat mitgeben? Ganz einfach: sola scriptura! Schlag sie auf und lies!

Allein der Glaube

Wenn Luther in der heutigen Zeit gelebt hätte, wäre er mit seinen reformatorischen Gedanken sicherlich nicht so gut gelandet. Denn wer hat schon Angst vor der Hölle? Oder wer hat Angst vor Gott? Allerdings: Die Religiosität an sich nimmt zu. Jeder glaubt an irgendetwas. Meistens sucht man sich das zusammen, was einem am besten passt. Der Unterschied von damals zu heute: Die wenigsten religiösen Menschen glauben an Jesus Christus. Und: Ihr Glaube hat wenig mit Beziehung zu tun.

Und doch ist es genau das, was unsere Zeit braucht: Mut zu Beziehungen , - auch wenn der Abstand das Gebot der Stunde ist. Beziehung fängt im zwischenmenschli­chen Bereich an. Aber vor allem bezieht es sich auf die Beziehung zu Jesus. Kennen wir ihn? Vertrauen wir ihn?

Allein der Glaube – das ist eine Provokation schlecht­hin. Es ist der Glaube und nicht unser Tun, nicht unser Können, nicht unsere Leistung. Es ist nicht der Glaube an die eigene Kraft, sondern der Glaube an den Herrn der Herren, der uns durch alle Zeiten und Lebenslagen trägt.

 

Allein die Gnade

Die Frage nach dem gnädigen Gott beschäftigt wohl kaum noch Menschen. Der Glaube spielt im Lebensvollzug sehr vieler Menschen fast keine Rolle mehr. Und doch ist es auffällig, dass viele Menschen sehr ähnliche Verhaltensweisen zeigen, wie zurzeit vor der Reformation: Sie wollen Gutes tun, um gut zu sein. Sie spenden Geld, helfen anderen Menschen, versuchen redlich und ehrlich zu leben. Wer kein schlechter Mensch ist, kommt doch in den Himmel, oder?

Man versucht, Schuld wiedergutzumachen: Manche Eltern machen ihren Kindern viele und große Geschenke, um ihr schlechtes Gewissen zu überspielen. Begangene Schuld möchte man wieder abarbeiten.

Erschreckend dagegen ist aber auch die andere Seite: Wie wenig Bereitschaft ist da, eigene Schuld zu erkennen, auf Menschen neu zuzugehen und zu vergeben. Menschen können sehr nachtragend sein. Barmherzig sein verliert sich unter uns zunehmend. Viele denken, dass jeder selbst sehen, muss wie man durchkommt. Wenn jemand scheitert, dann ist er doch selbst schuld.

Gnade kommt im normalen Sprachgebrauch kaum noch vor. Noch weniger im Lebensvollzug. „Na, dann bin ich mal gnädig!“, sagt man manchmal herablassend. Damit will man zeigen, dass man ein Gut-Mensch ist. Die Gnade, die uns Jesus gibt, kommt aber nicht von einem Gott, der von oben herablassend zu uns spricht, sondern von Jesus, der heruntergekommen ist, um bei uns zu sein. Er spricht uns seine Gnade

zu, um uns zu dienen. Und wir müssen nichts dafür tun!

 

Allein Christus

Allein Christus – das ist eine starke Aussage. Schon Christus selbst hat gesagt, dass er der einzige Weg zu Gott ist. Damals war es schon polarisierend, heute ist es immer noch so. Wenn Luther heute leben würde,

müsste er sehr viel mehr Überzeugungsarbeit leisten.

Der Glaube an den Gott der Bibel wird mehr und mehr aufgeweicht. Man weiß immer weniger über diesen Gott, baut sich seine eigene Religion zurecht. Toleranz ist heute ein großes Schlagwort. Mit Recht ist

man aufgebracht, wenn Menschen mit Gewalt ihre Meinung, ihren Glauben durchsetzen wollen. Aber abgesehen von diesen Extremen ist alles möglich. Jesus an sich ist ok, er ist eine Möglichkeit, seinem Leben Glauben und Stabilität zu geben. Aber allein Christus?

Luther würde heute wohl weniger gegen die Heiligenverehrung vorgehen, als mehr gegen die Verwässerung des christlichen Glaubens.

Was ist dir an deinem Glauben wichtig? Wir sollten uns als einzelne, als Gemeinde und als Kirche endlich und dringend auf dem Weg machen, dem Glauben an den dreieinigen Gott entschieden, deutlich, im Miteinander und mit Freude vor zu leben. Es steht einiges auf dem Spiel! Amen

 (Pfr. Christian Simon)

 

Gebet (nach Martin Luther)

Der Himmel ist uns umsonst gegeben und geschenkt.  Wir haben nichts dazu getan und nichts dazu tun können: Christus, unser Herr, hat ihn durch sein Blut teuer erkauft. Darüber haben wir Brief und Urkunde: die ewige Verheißung des Evangeliums, dazu die Siegel, nämlich: Wir sind getauft, und: Wir empfangen nach Christi Befehl seinen Leib und Blut im Abendmahl, wenn wir unsere Schwachheit und Not fühlen.

Gott, gib nun Gnade und hilf, dass wir die Briefe und Verheißung wohl verwahren, damit sie uns der Teufel nicht zerreiße. Gib auch, dass wir in Wohlfahrt nicht sicher und in Trübsal nicht traurig und verzagt sind, sondern immer in Gottesfurcht leben, fest und beständig im Glauben und Bekenntnis Jesu Christi bleiben und das heilige Vaterunser stets mit Mund und Herz sprechen.